Starkregen, Oktober 2021 (USA, Kalifornien)

26. Oktober 2021 – Report No. 1

Autor: Bernhard Mühr

1. Zusammenfassung

Eine für Oktober ungewöhnlich rege Tiefdrucktätigkeit ereignete sich zu Beginn der dritten Monatsdekade auf dem nordöstlichen Pazifik. Mehrere kräftige Tiefdruckgebiete griffen mit ihren Frontensystemen weit nach Süden aus und sorgten insbesondere in den zentralen und nördlichen Landesteilen von Kalifornien für ergiebige Regenfälle, in höheren Lagen gab es reichlich Schnee und vielerorts Orkanböen. Die Tageswerte des Niederschlags erreichten nicht selten mehr als 200 mm, das gesamte Niederschlagsereignis konnte in der Summe mit Werten bis 380 mm aufwarten. Der mittlere Monatsniederschlag in Mittel- und Südkalifornien liegt im langjährigen Durchschnitt bei gerade einmal 10 bis 40 mm. So erreichten die Niederschlagsmengen innerhalb einer Woche gebietsweise mehr als 1000 % (das Zehnfache) der sonst in diesem Zeitraum auftretenden Menge. Selbst San Francisco, wo sonst üblicherweise in einem ganzen Monat Oktober nur 27 mm zusammenkommen, verzeichnete Regenmengen um 100 mm. Es traten Überschwemmungen und Erdrutsche auf, es kam zu Unterbrechungen in der Stromversorgung.

2. Meteorologische Informationen

2.1. Großräumiges Strömungsmuster über dem Ostpazifik

Im Zeitraum vom 19. bis zum 25. Oktober 2021 entwickelten sich auf dem Nordostpazifik mehrere umfangreiche Tiefdruckgebiete, die mit ihren ausgedehnten Wolken- und Niederschlagsgebieten die gesamte Westküste der USA erfassten. Schon am 19./20. Oktober 2021 waren Tiefausläufer bis zur Bay Area hin für Regenmengen von 10 bis 25 mm verantwortlich (Abbildung 2 oben). Zwei Tage später hatte sich bereits das nächste intensive Tiefdruckgebiet mit seinem Zentrum einige hundert Kilometer westlich von Vancouver Island etabliert (Abbildung 2 Mitte). Das Satellitenbild zeigt eindrucksvoll, wie sich aus dem Zentrum des Tiefdruckkomplexes das langgetreckte Wolken- und Niederschlagsband spiralförmig herauswindet. Es brachte beispielsweise rund um San Francisco am 21./22. Oktober 25 bis 50 mm Niederschlag.

Der vorläufige Höhepunkt der Tiefdrucktätigkeit war am 24./25. Oktober 2021 erreicht, als das nächste Tief mit einem Kerndruck von unter 950 hPa eine ziemlich weit südliche Position rund 750 Kilometer südwestlich von Seattle eingenommen hatte. Seine sich über einige 1000 Kilometer erstreckenden Frontensysteme erfassten mit Niederschlägen auch die Südhälfte Kaliforniens (Abbildung 2 unten).

Abbildung 3 zeigt die Lage des Tiefdruckgebietes am 24. Oktober 2021, 12 UTC, anhand der Isobaren (Analyse GEM Modell) und gibt Auskunft über die Verteilung der spefizischen Feuchte zum Analysezeitpunkt im 700 hPa-Niveau. Eine solche Konstellation mit hohen Werten der spezifischen Feuchte und einem gut ausgeprägten Luftdruckgradienten ermöglicht mit hohen Windgeschwindigkeiten einen besonders effektiven Transport und Nachschub feuchter Luft vom zentralen Nordpazifik. Mit viel Schwung gelangte die feuchte Luft insbesondere in die zentralen Landesteile Kaliforniens, wo an den Bergen zusätzlich niederschlagsverstärkende Prozesse hinzukamen. So verwundert es nicht, dass die Niederschlagsmengen nicht selten mehr als 200 mm betrugen; selbst außerhalb des Berglandes registrierten Stationen rund um Sacramento im San Joaquin Valley mehr als 100 mm innerhalb von 24 Stunden. Mancherorts erreichte der Wind in Böen Orkanstärke, in höheren Lagen schneite es kräftig (Tabelle 1).

2.2. Messwerte

Sowohl in Bezug auf den Niederschlag als auch hinsichtlich der maximalen Windgeschwindigkeiten konnten beachtliche Werte registriert werden. Der meiste Niederschlag ging in Kalifornien von der Pazifikküste bis zur Sierra Nevada etwa in einem Korridor zwischen Redding im Norden und Modesto im Süden nieder; dort kamen innerhalb von 24 Stunden verbreitet zwischen 100 und 250 mm zusammen, örtlich sogar noch mehr (Abbildung 4 oben und unten). Der Großteil des Regens trat dabei vom 24.10.2021, 12 UTC, bis zum Folgetag 12 UTC auf.

Abbildung 5 gibt Auskunft über die flächenhafte Verteilung der 7-Tages-Regenmenge bis zum 25. Oktober 2021, 12 UTC. Im nördlichen Drittel Kaliforniens sowie jeweils im Westen von Oregon und Washington summierte sich der Niederschlag auf verbreitet mehr als 50 mm. 

Tabelle 1 zeigt die Messwerte an ausgewählten Stationen in Westen der USA. 100 Kilometer nordwestlich von San Francisco konnte dabei die Station in Cazadero mit dem größten Niederschlagswert über das gesamte Niederschlagsereignis hinweg aufwarten: 378 mm.

Auch die Windgeschwindigkeiten beeindrucken; an der Yaquina Bay Bridge, wo der gleichnamige Fluss bei Newport in Oregon in den Pazifik mündet, erreichte der Wind in Böen 132 km/h und damit Orkanstärke. Über den Gipfel des Mammoth Mountain auf gut 3300 Metern Höhe fegte der Wind in Böen sogar mit 256 km/h hinweg.

Besondere Erwähnung verdient zudem der Schnee, der mancherorts in großer Ergiebigkeit auftrat. In Soda Springs unweit des Donnerpasses, über den der Highway von Scarmento,CA, nach Reno, NV, führt, summierte sich der Neuschnee auf insgesamt 71 cm.

Tabelle 1: Messwerte von Niederschlag, Spitzenböen und Neuschneehöhen an Stationen im Westen der USA: Daten: https://www.wpc.ncep.noaa.gov/discussions/nfdscc2.html

2.3. Oktober-Mittelwert des Niederschlags und Abweichung

Insbesondere Kalifornien, aber auch Teile Oregons und Washingtons haben ein „Mittelmeerklima“, bei dem die Sommermonate überwiegend trocken verlaufen und sich das Jahresniederschlagsgeschehen hauptsächlich auf die Wintermonate konzentriert. Der Monat Oktober markiert normalerweise den Beginn der winterlichen regenreichen Zeit. So verlaufen im langjährigen Durchschnitt in San Francisco die Monate Mai bis September nahezu niederschlagsfrei (je 1 bis 8 mm) und erst im Oktober kommt es wieder zu nennenswerten Niederschlägen (27 mm). Selbst in den Hochlagen Kaliforniens sind im Mittel – abgesehen vom äußersten Nordwesten – im gesamten Monat Oktober nicht mehr als 100 mm zu verzeichnen (Abbildung 5 oben, Datengrundlage: https://prism.oregonstate.edu/normals/).

Tagesniederschlagswerte bis 250 mm, wie sie in den nördlichen und gebietsweise auch in den zentralen Teilen Kaliforniens am 24./25. Oktober 2021 beobachtet wurden, stellen somit ein Vielfaches dessen dar, was üblicherweise im gesamten Monat niedergeht. Die 7-Tage-Niederschlagsmenge vom 18. bis zum 25. Oktober 2021 entspricht im nördlichen Drittel Kaliforniens weithin mehr als dem Fünffachen (500 %) des Durchschnittswertes desselben Zeitraums (Abbildung 5 unten), gebietsweise lagen die Abweichungen sogar bei mehr als 1000%.

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