Der Übergang zur neuen Bezugsperiode 1991 – 2020 und die klimatologischen Verhältnisse im Jahr 2020 in Deutschland

Autor: Bernhard Mühr

1. Vorbemerkung

Klimatologische Mittelwerte dienen als Vergleichsmaßstab, mit dem neuere oder aktuelle Beobachtungen und Messungen verglichen werden können. Sie bilden die Grundlage für viele auf Anomalien basierende Klimadatensätze (z.B. globale Mitteltemperaturen). Darüber hinaus beschreiben sie – implizit oder explizit – die klimatologischen Bedingungen, die an einem bestimmten Ort mit der größten Wahrscheinlichkeit zu erwarten sind.

Schon früh in der ersten Hälfte des letzten Jahrhunderts bestand eine allgemeine Übereinkunft darin, 30-jährige Referenzperioden zu verwenden. Zum damaligen Zeitpunkt lagen aber auch kaum längere Messreihen vor und man legte die 30-Jahres-Periode als Standard fest. Während es anfangs hauptsächlich darum ging, die Messwerte aus verschiedenen Regionen der Welt miteinander vergleichbar zu machen, kam dem zeitlichen Verlauf und der Änderung der klimatologischen Mittelwerte im Laufe des 20. Jahrhunderts immer größere Bedeutung zu.

In Bezug auf die Erhebung und Verwendung klimatologischer Mittelwerte besteht eine Reihe von Vorschriften, wie sie die WMO festgelegt und in verschiedenen Veröffentlichungen beschreibt, zum Beispiel in der 3rd Edition of the Guide to Climatological Practices (WMO No. 100, 2018), den Technical Regulations (WMO, 2016b) oder in The Role of Climatological Normals in a Changing Climate (WMO, 2007). Die Definition der klimatologischen Standard-Normalperiode umfasst nun den jeweils aktuellsten 30-jährigen Zeitraum, der jeweils mit einem „Nullerjahr“ abschließt. Bislang wurden jeweils nicht-überlappende 30-jährige Bezugszeiträume verwendet (z.B. 1901-1931, 1931-1960, 1961-1990).

Mit Ablauf des Jahres 2020 steht nun eine neue klimatologische Referenzperiode zur Verfügung, die die Jahre 1991 bis 2020 umfasst.

2. Jahresmitteltemperatur

Die Jahresmitteltemperatur in Deutschland berechnet sich für die neue Referenzperiode 1991-2020 im Flächenmittel zu 9.3 °C (Tabelle 1). Gegenüber der vorherigen Bezugsperiode von 1981-2010 ergibt sich eine Zunahme von 0.4 K – dabei tragen die 1980er Jahre nicht mehr zum neuen Mittel bei, während vor allem die besonders warmen Jahre seit 2010 zur Temperaturzunahme führten. Mit Blick auf die vorherige Standard-Normalperiode 1961-1990 legte die Flächenmitteltemperatur in Deutschland innerhalb von 30 Jahren um den außerordentlich hohen Wert von 1.1 K zu!

Der Erwärmungstrend von der bisherigen Standard-Bezugsperiode, 1961-1990, zur neuen, 1990-2020, tritt in allen Bundesländern gleichermaßen auf, größere regionale Unterschiede lassen sich nicht feststellen. Von der ersten klimatologischen Referenzperiode, 1881-1910, bis zur Bezugsperiode 1961-1990 nahm die Mitteltemperatur über einen Zeitraum von 80 Jahren lediglich um 0.4 K zu.

Tabelle 1: Jahresmitteltemperaturen in °C für alle 30-jährigen Bezugsperioden im Zeitraum 1881 bis 2020 sowie der Mittelwert für den gesamten 140 Jahre umfassenden Zeitraum 1881-2020. Die Jahrestemperaturen stellen Flächenmittel der jeweiligen Bundesländer (Abkürzungen: siehe Anhang) sowie in der rechten Spalte für ganz Deutschland (DE) dar. Eigene Berechnungen. Datengrundlage: Deutscher Wetterdienst

Während sich innerhalb Deutschlands keine großen Unterschiede beim Temperaturtrend ausmachen lassen, fördert hingegen der Blick auf die einzelnen Monate bzw. Jahreszeiten eine deutlich größere Variabilität zutage (Tabelle 2). Die Mitteltemperatur der beiden Sommermonate Juli und August legte innerhalb von 30 Jahren um 1.4 K respektive 1.5 K zu, für den gesamten Sommer inklusive Juni bedeutet das eine Erwärmung um 1.3 K. Der Frühling steht in Sachen Temperaturzunahme mit 1.2 K dem Sommer kaum nach; dazu trägt allerdings der April mit 1.6 K Erwärmung überproportional bei. Einige extrem warme, sonnige und trockene Aprilmonate während der letzten 30 Jahre schlagen sich im größten Erwärmungstrend aller Monate des Jahres nieder. Eine deutliche Temperaturzunahme zeigen auch die Wintermonate Dezember, Januar und Februar, wobei der Januar mit 1.4 K den größten Wert aufweist. Mit einem deutlich geringeren Temperaturanstieg präsentieren sich die Herbstmonate September, Oktober und November. Bei allen Herbstmonaten stieg die Mitteltemperatur um weniger als 1 K an, am Ende mit einer Erwärmung von 0.4 K rangiert hier der Oktober.  

Tabelle 2: Vergleich der Monatsmitteltemperaturen in °C für Deutschland für die Bezugsperioden 1961-1990 und 1991-2020. Eigene Berechnungen. Datengrundlage: Deutscher Wetterdienst

Abbildung 1 gibt Auskunft über den Verlauf den Jahresmitteltemperaturen aller 30-jährigen Bezugsperioden des Zeitraums 1881-2020 für die Bundesländer und Deutschland insgesamt. Der erste der insgesamt 111 Werte errechnet sich als Mittelwert der Jahresdurchschnittstemperaturen des 30-jährigen Bezugszeitraums 1881-1910, der nächste für 1882-1911, dann für 1883-1912 usw. bis zum aktuellen und neuen Referenzwert 1991-2020.

Abbildung 1: Gleitend30-jährig gemittelte Jahresmitteltemperaturen für alle Bezugsperioden von 1881-1910 bis 1991-2020. Die Kurven repräsentieren jeweils die Bundesländer, Deutschland rot hervorgehoben. Eigene Berechnungen, Datengrundlage: Deutscher Wetterdienst

Zwar unterscheiden sich die 30-jährigen Mittelwerte der einzelnen Bundesländer in ihren absoluten Zahlenwerten mit Bayern als dem im Flächenmittel kältesten und Nordrhein-Westfalen als dem wärmsten Bundesland deutlich. Ihr Temperaturverlauf über die letzten 140 Jahre zeigt allerdings überall dasselbe Verhalten, regionale Besonderheiten treten bei den klimatologischen Betrachtungen nicht hervor.

Der Verlauf der Temperaturkurven seit 1881 lässt sich in drei Abschnitte unterteilen:

  • Temperaturanstieg des 30-jährigen Mittelwertes um etwa 0.4 K von 1910 bis 1961
  • Keine Erwärmungstendenz von 1962 bis 1991
  • Starker Temperaturanstieg um mehr als 1.0 K von 1992 bis 2020

Diesen Sachverhalt bestätigt auch der Blick auf die Jahresmitteltemperaturen der einzelnen Jahre, wie sie in Abbildung 2 dargestellt werden. Die deutschlandweite Jahresmitteltemperatur beträgt über den 140-jährigen Zeitraum seit 1881 gemittelt 8.4 °C (schwarze horizontale Linie). Kälter als der Mittelwert 1881-2020 präsentierten sich in den letzten 33 Jahren seit 1988 nur zwei Jahre, nämlich 1996 mit im Mittel 7.4 °C und 2010 mit einer Jahresmitteltemperatur von 7.9 °C. Die violette Linie in Abbildung 2 markiert die deutschlandweit Jahresmitteltemperatur des neuen Referenzzeitraums 1991-2020, sie liegt bei 9.3 °C. Im Zeitraum von 1881 bis 1987 gelang es nur einem einzigen Jahr, den Mittelwert der neuen Bezugsperiode zu erreichen bzw. zu übertreffen: Es war das Jahr 1934 mit einer Mitteltemperatur von 9.5 °C.

Abbildung 2: Jahresmitteltemperaturen Deutschlands im Zeitraums 1881 bis 2020. Jahre mit einer im Vergleich zum Mittelwert 1881-2020 (schwarze Linie) kälteren Temperatur sind in blau dargestellt, wärmere entsprechend in rot. Die violette Linie markiert den Mittelwert der neuen 30-jährigen Bezugsperiode 1991-2020.  Eigene Berechnungen, Datengrundlage: Deutscher Wetterdienst

Von den 30 wärmsten Jahren seit 1881 liegen 21 in der neuen Bezugsperiode 1991-2020. Fünf der letzten sieben Jahre waren die wärmsten des gesamten Beobachtungszeitraums in Deutschland. Tabelle 3 gibt Auskunft über die jeweils 10 wärmsten und 10 kältesten Jahre in Deutschland seit 1881.

Tabelle 3: Übersicht über die 10 wärmsten und die 10 kältesten Jahre in Deutschland seit 1881. Datengrundlage: Deutscher Wetterdienst

2. Jahresniederschlag

Die mittleren Niederschlagsverhältnisse in Deutschland präsentieren sich über die letzten 140 Jahre weit weniger variabel als die mittleren Temperaturen. Tabelle 4 zeigte die Werte aller der 12 jeweils um 10 Jahre fortgeführten 30-jährigen Bezugsperioden des Zeitraums 1881-2020 für die einzelnen Bundesländer und Deutschland insgesamt. Bei den Niederschlagswerten handelt es sich um Flächenmittel. In Bezug auf den langjährigen Mittelwert des Niederschlags des gesamten Zeitraums 1881-2020 betragen die maximalen Schwankungen der 30-jährigen Bezugsperioden nur etwa ± 6 %. Der Mittelwert des Niederschlags in Deutschland über den gesamten untersuchten Zeitraum seit 1881, nämlich 770.3 mm, unterscheidet sich nur wenig vom 30-jährigen Niederschlagsmittel der neuen Referenzperiode 1991-2020 mit 791.5 mm.

Vergleichsweise trocken verlief in Deutschland der Zeitraum von 1881 bis 1922, die entsprechenden 30-jährigen Mittelwerte lauten für 1881-1910 740.8 mm bzw. 743.8 für 1891-1920. Über ganz Deutschland gemittelt lassen sich die Jahre 1961-2010 als die insgesamt feuchtesten identifizieren. Eine Ausnahme machen hier allerdings einige Bundesländer im Osten, die – wie zum Beispiel Berlin/Brandenburg, Sachsen und Sachsen-Anhalt – ähnliche oder sogar geringere Niederschlagswerte aufweisen wie zu Beginn des untersuchten Zeitraums.

Mit deutlich weniger Niederschlag wartet die letzte und neue Bezugsperiode 1991-2020 auf; zu diesem Rückgang tragen insbesondere die im Durchschnitt feuchtesten Bundesländer bei, in denen die Regenausbeute in den letzten 10 Jahren überproportional stark zurückging; das sind Baden-Württemberg, Bayern, Hessen, Nordrhein-Westfalen, Rheinland-Pfalz und das Saarland (Abbildung 3).

Tabelle 4: Jahresmittelwerte des Niederschlags in mm für alle 30-jährigen Bezugsperioden im Zeitraum 1881 bis 2020 sowie der Mittelwert des 140 Jahre umfassenden Zeitraums 1881-2020. Die Niederschlagswerte stellen Flächenmittel der jeweiligen Bundesländer (Abkürzungen: siehe Anhang) sowie in der rechten Spalte für ganz Deutschland (DE) dar. Eigene Berechnungen. Datengrundlage: Deutscher Wetterdienst

Abbildung 3: Gleitend30-jährig gemittelter Jahresniederschlag für alle Bezugsperioden von 1881-1910 bis 1991-2020. Die Kurven repräsentieren jeweils die Bundesländer, Deutschland rot hervorgehoben. Eigene Berechnungen, Datengrundlage: Deutscher Wetterdienst

In Abbildung 4 werden alle Jahreswerte des Niederschlags für Deutschland für den Zeitraum 1881-2020 dargestellt. Der Mittelwert des gesamten 140-jährigen Beobachtungszeitraums beträgt 770.3 mm. Die im Vergleich zu diesem Wert trockeneren Jahre sind in braun gehalten, grüne Säulen repräsentieren die vergleichsweise feuchteren Jahre.  Während der letzten 140 Jahre wechselten sich zu trockene und zu nasse Jahre beständig ab, längere Phasen mit einem positiven oder negativen Vorzeichen bei der Niederschlagsausbeute blieben selten.

Tabelle 5: Übersicht über die 10 nassesten und die 10 trockensten Jahre in Deutschland seit 1881. Datengrundlage: Deutscher Wetterdienst 

Die Jahre von 1883 bis 1893 verliefen allesamt zu trocken, wenn auch in unterschiedlicher Intensität. Der ungewöhnlich trockene und lange Witterungsabschnitt dauerte eigentlich bis 1909 an, denn nur 4 Jahre übertrafen zwischen 1883 und 1909 geringfügig ihren langjährigen Vergleichswert. Auch in der jüngsten Vergangenheit präsentiert sich der Zeitraum ab 2011 sehr trocken und nur das Jahr 2017 brachte einen nennenswerten Niederschlagsüberschuss. Mit einem deutschlandweiten Flächenmittel von 586.3 mm (74 % der Norm 1991-2020) ging 2018 als das viert-trockenste Jahr in die Annalen ein (Tabelle 5), am trockensten verlief das Jahr 1959 mit 551.5 mm (70 % der Norm). Die 6 nassesten Jahre seit 1881 traten erst nach 1965 auf, Spitzenreiter und gleichzeitig das einzige Jahr mit mehr als 1000 mm ist das Jahr 2002 (1018.1 mm, 129 % der Norm). Mehr als 5 zu nasse Jahre in Serie konnten nicht verzeichnet werden (1977 bis 1981 sowie 1998 bis 2002).

Abbildung 4: Jahreswerte des Niederschlags in Deutschland im Zeitraum 1881 bis 2020. Jahre mit einer im Vergleich zum Mittelwert 1881-2020 (schwarze Linie) geringeren Niederschlagssumme kälteren Temperatur sind in braun dargestellt, feuchtere entsprechend in grün. Die violette Linie markiert den Mittelwert der neuen 30-jährigen Bezugsperiode 1991-2020.  Eigene Berechnungen, Datengrundlage: Deutscher Wetterdienst

3. Jährliche Sonnenscheindauer

Flächendaten der Sonnenscheindauer liegen in Deutschland erst seit dem Jahr 1951 vor. Für den Zeitraum 1951-2020 berechnet sich die deutschlandweite mittlere jährliche Sonnenscheindauer zu 1610 Stunden. Am wenigsten sonnenscheinreich präsentierte sich die bisherige Klima-Standardnormalperiode 1961-1990 mit 1544 Stunden. Im neuen Vergleichszeitraum 1991-2020 legte die Sonnenscheindauer in Deutschland hingegen um 121 Stunden oder 8 % auf 1665 Stunden zu und macht die neue Referenzperiode zur sonnigsten überhaupt. Den größten Zuwachs bei der mittleren Sonnenscheindauer verzeichnete mit 167 Stunden oder 11 % Sachsen-Anhalt. Am schwächsten fiel der Sonnenscheinzuwachs im Norden aus, wo in Schleswig-Holstein und Mecklenburg-Vorpommern das Sonnenscheinplus weniger als 100 Stunden betrug (Tabelle 6).

Tabelle 6: Jahresmittelwerte der Sonnenscheindauer in h für alle 30-jährigen Bezugsperioden im Zeitraum 1951 bis 2020 sowie der Mittelwert des 70 Jahre umfassenden Zeitraums 1951-2020. Die Stundenwerte der Sonnenscheindauer stellen Flächenmittel der jeweiligen Bundesländer (Abkürzungen: siehe Anhang) sowie in der rechten Spalte für ganz Deutschland (DE) dar. Eigene Berechnungen. Datengrundlage: Deutscher Wetterdienst

Den Zuwachs an Sonnenstunden verdankt die neue Referenzperiode 1991-2020 den Jahren ab 2003. Zwischen 2003 und 2020 übertraf die Sonnenscheindauer in den meisten Jahren ihren langjährigen Vergleichswert teilweise deutlich, nur in 4 Jahren blieb die Sonnenscheindauer knapp hinter dem langjährigen Mittelwert 1951-2020 zurück. Abbildung 5 illustriert die jährliche Verteilung der Sonnenscheindauer in Deutschland im Zeitraum 1951 bis 2020.

Abbildung 5: Jahreswerte des Sonnenscheindauer in Deutschland im Zeitraum 1951 bis 2020. Jahre mit einer im Vergleich zum Mittelwert 1951-2020 (schwarze Linie) geringeren unterdurchschnittlichen Sonnenscheindauer sind in grau dargestellt, sonnigere entsprechend in gelb. Die violette Linie markiert den Mittelwert der neuen 30-jährigen Bezugsperiode 1991-2020.  Eigene Berechnungen, Datengrundlage: Deutscher Wetterdienst

Der Mittelwert der jährlichen Sonnenscheindauer des gesamten untersuchten Zeitraums beträgt 1610 Stunden (schwarze Linie), der Mittelwert der neuen Bezugsperiode 1991-2020 liegt bei 1665 Stunden (violette Linie). Die einzigen beiden Jahre mit einer Jahressonnenscheinbilanz von mehr als 2000 Stunden konnten 2003 und 2018 verzeichnet werden (Tabelle 7). Ein besonders trüber Zeitraum trat zwischen den Jahren 1977 und 1989 auf, in dem nur ein einziges Jahr eine überdurchschnittliche Sonnenscheindauer aufwies.  Während dieses Zeitraums traten allein acht der zehn sonnenscheinärmsten Jahre auf.

Tabelle 7: Übersicht über die 10 sonnigsten und die 10 trübsten Jahre in Deutschland seit 1951. Datengrundlage: Deutscher Wetterdienst   

4. Klimatologische Übersicht Jahr 2020 in Deutschland

Mit einer Mitteltemperatur von 10.43 °C ordnet sich das Jahr 2020 auf Platz 2 in der Liste der wärmsten Jahre in Deutschland seit 1881 ein. Um zwei Hundertstel Grad wärmer präsentierte sich lediglich das Jahr 2018 (10.45 °C). Die Abweichung bezogen auf die bisherige Klima-Standardperiode 1961-1990 beträgt 2.2 K, der Temperaturüberschuss in Bezug auf die neue Referenzperiode 1991-2020 liegt allerdings nur noch bei 1.1 K. In einigen Bundesländern übertraf die Mitteltemperatur 2020 allerdings die bisherigen Spitzenwerte des Jahres 2018: In Niedersachsen/Hamburg/Bremen, in Nordrhein-Westfalen, in Rheinland-Pfalz, im Saarland und in Sachsen-Anhalt löst 2020 das bisher wärmste Jahr 2018 ab.

Die positive Temperaturabweichung des Jahres 2020 geht besonders auf das Konto der Monate Januar, Februar und August, die ihren langjährigen Vergleichswert deutlich übertrafen. Der Februar 2020 wies beispielsweise eine Monatsmitteltemperatur von 5.3 °C auf und war damit genauso warm wie der folgende und ebenfalls noch zu warme März. Der Temperaturüberschuss des Februar betrug bezogen auf die Norm 1961-1990 4.9 K, in Bezug auf den Mittelwert 1991-2020 ergibt sich noch eine positive Temperaturabweichung von 3.8 K.

Legt man den Mittelwert der Referenzperiode 1961-1990 zugrunde, waren elf der zwölf Monate des Jahres 2020 zu warm.  Einzig der Mai unterbot sein Mittel knapp um 0.2 K. Wesentlich größer fällt die negative Temperaturabweichung des Mai 2020 aus, wenn die neue Referenzperiode 1991-2020 zur Anwendung kommt, sie liegt dann bei -1.2 K. Und auch der Juli, in Bezug auf 1961-1990 noch 0.8 K zu warm, wird mit einer negativen Temperaturabweichung von -0.6 K in Bezug auf die neue Norm zu einem zu kalten Monat (Tabelle 8).

Tabelle 8: Klimatologische Mittelwerte von Temperatur, Niederschlag und Sonnenscheindauer der Monat des Jahres 2020 und des Jahres 2020 insgesamt sowie ihre Abweichung von der Norm. Referenzperioden: 1961-1990, 1981-2010 und 1991-2020. Eigene Berechnungen. Datengrundlage: Deutscher Wetterdienst

Beim Blick auf die Monatsniederschlagswerte des Jahres 2020 und deren Abweichung von der Norm ergeben sich in Bezug auf die unterschiedlichen Referenzperioden nur marginale Unterschiede. Die Jahressumme des Niederschlags von 704.9 mm entspricht 89 % der Norm 1991-2020. Das Jahr 2020 rangiert damit auf Platz 36 der trockensten Jahre seit 1881. Nur vier der zwölf Monate des Jahres 2020 präsentierten sich zu nass. Besondere Erwähnung verdient der Februar, der mit 124.1 mm und mehr als dem Doppelten eines sonst üblichen Monatsniederschlages aufwarten konnte. Die vier zu nassen Monate vermochten es allerdings nicht, das erhebliche Niederschlagsdefizit der übrigen acht Monate auszugleichen. Der April mit 16.3 mm und der Oktober mit lediglich 20.7 mm erreichten jeweils nur rund ein Drittel des langjährigen Vergleichswertes. Mit weniger als zwei Dritteln ihrer jeweiligen langjährigen Mittelwerte fielen auch die Monate Januar, Mai und August sehr trocken aus.

1896 Sonnenstunden machen 2020 zum viert-sonnigsten Jahr seit 1951, übertroffen nur von 1960, 2003 und 2018. In Baden-Württemberg geht das Jahr 2020 allerdings nach 2003 als das zweit-sonnigste in die Annalen ein. Die Sonne machte im Jahr 2020 insgesamt 231 Überstunden, die insgesamt 1896 Sonnenstunden entspricht 114 % der Norm 1991-2020. Als absolut und relativ sonnenscheinreichster Monat des Jahres 2020 tritt der April in Erscheinung. Er alleine ist für 292.4 Sonnenstunden verantwortlich (160 % der Norm). Zum großen Sonnenscheinüberschuss trugen darüber hinaus die Monate März, Mai und September bei. Am trüben Ende der Sonnenscheinskala rangiert der Oktober, der es auf lediglich 67.4 Sonnenstunden und 62 % der Norm brachte. Zu trübe verliefen zudem der Februar und der Dezember.

Abbildung 6a gibt Auskunft über die mittlere Jahrestemperatur 2020 in Deutschland. Wenig überraschend liegen die wärmsten Gebiete mit einer Jahresmitteltemperatur von mehr als 12 °C entlang des Rheins sowie am Unterlauf des Mains. Abbildung 6b zeigt sich Abweichung der Jahresmitteltemperatur von 2020 gegenüber dem langjährigen Mittelwert 1981-2010. Im ganzen Land herrschten positive Temperaturanomalien; im größten Teil Bayerns lagen die Temperaturabweichungen bei weniger als 1.5 K, in kleinen Gebieten sogar bei weniger als 1 K. Ganz im Südwesten wurden die höchsten Temperaturanomalien berechnet, sie lagen örtlich bei mehr als 2 K.

Abbildung 6a: Jahresmitteltemperatur 2020 in °C in Deutschland. Datengrundlage: Deutscher Wetterdienst
Abbildung 6b: Abweichung der Jahresmitteltemperatur 2020 in K (Norm: 1981-2010). 
Abbildung 7a: Jahresniederschlag 2020 in mm in Deutschland. Datengrundlage: Deutscher Wetterdienst
Abbildung 7b: Anteil Jahresniederschlag 2020 in % der Norm 1981-2010.

Temperaturabweichungen bei weniger als 1.5 K, in kleinen Gebieten sogar bei weniger als 1 K. Ganz im Südwesten wurden die höchsten Temperaturanomalien berechnet, sie lagen örtlich bei mehr als 2 K.

Erwartungsgemäß präsentierten sich die höheren Lagen von Schwarzwald und Alpen mit den größten Niederschlagswerte im Jahr 2020, dort konnten mehr als 1500 mm verzeichnet werden (Abbildung 7a). Durch Trockenheit und vielerorts weniger als 500 mm zeichneten sich die Gebiete vom Osten von Rheinland-Pfalz über Teile Hessens und Thüringens, Sachsen-Anhalt und Nordsachsen über Berlin bis hin zum Oderbruch und zur Uckermark aus. Vereinzelt kamen in Rheinhessen, Nordthüringen/Westsachsen und in der Uckermark noch nicht einmal 400 mm zusammen. Fast überall in Deutschland wurde das Niederschlagssoll in Deutschland im Jahre 2020 verfehlt (Abbildung 7b). Zu feucht war es lediglich in einigen Gebieten im Süden Bayerns, im Emsland und im Westen Schleswig-Holsteins. Eine positive Niederschlagsbilanz trat ansonsten nur punktuell auf.

Anhang:

Abkürzungen der Bundesländer in Deutschland:

  • BB: Brandenburg
  • BE: Berlin
  • BW: Baden-Württemberg
  • BY: Bayern
  • HE: Hessen
  • MV: Mecklenburg-Vorpommern
  • NI: Niedersachsen
  • HH: Hansestadt Hamburg
  • HB: Hansestadt Bremen
  • NW: Nordrhein-Westfalen
  • RP: Rheinland-Pfalz
  • SH: Schleswig-Holstein
  • SL: Saarland
  • SN: Sachsen
  • ST: Sachsen-Anhalt
  • TH: Thüringen
  • DE: Deutschland

Quellen:

https://library.wmo.int/doc_num.php?explnum_id=4166

https://opendata.dwd.de/climate_environment/CDC/regional_averages_DE/monthly/

https://opendata.dwd.de/climate_environment/CDC/regional_averages_DE/seasonal/

Alle Abbildungen: B. Mühr /  CEDIM

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